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Interview IHK

w.news -
Wirtschaftsmagazin der IHK Heilbronn-Franken Nr. 3, März 2011

INTERVIEW

Mediation frühzeitig ins Auge fassen

Anfang 2011 hat die Bundesregierung ein Gesetz zur Förderung der Mediation beschlossen. Was macht das Verfahren der Mediation so erfolgreich?

Im Gegensatz zum Gerichtsverfahren gibt es keinen Verlierer. Beide Streitparteien müssen mit der Lösung einverstanden sein.

Wirtschaftsmediation gibt es in Deutschland jedoch schon seit ca. 1995 – dazu zwei Kennzahlen:
Auf 50 Milliarden Euro werden die Kosten geschätzt, die Unternehmen in Deutschland jedes Jahr durch schlecht gelöste innerbetriebliche Konflikte entstehen. Und: Im Jahre 2000 wurden in Deutschland bereits Wirtschaftsmediationen mit einem Gesamtwert von ca. 300 Mio. EUR erfolgreich durchgeführt. Durchschnittliche Dauer pro Mediation:1 bis 2 Mediationstage; Erfolgsquote: über 75 Prozent.

Warum braucht es dann jetzt ein Mediationsgesetz?

Auslöser war eine EU-Richtlinie, die bei länderübergreifenden Mediationen Rechtsklarheit einfordert und bis zum 21. Mai in deutsches Recht umgesetzt werden muss.. Bei dieser Gelegenheit hat die Bundesregierung dann auch gleich wichtige nationale Belange mitgeklärt. Unter anderem unterliegen nun auch die Mediatoren der Verschwiegenheitspflicht und haben ein weit gehendes Zeugnisverweigerungsrecht. Außerdem können nun die Einigungen der Parteien in der Mediation auch ohne Notar für vollstreckbar erklärt werden.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einer Schlichtung und einer Mediation?

In der Schlichtung gibt es einen Schlichterspruch,  während in der Mediation die Parteien ihre Lösung selbst erarbeiten. Darum war Heiner Geisslers Schlichtung zu Stuttgart 21 auch keine Mediation. Ein Mediator hätte die Interessen der Beteiligten gemeinsam mit ihnen geklärt, hätte mit ihnen um gegenseitiges Verständnis gerungen und hätte mit den Parteien eine kreative, dauerhafte Lösung gesucht. Dass so etwas auch im großen Stil erfolgreich sein kann, hat vor ein paar Jahren zum Beispiel die Flughafen-Mediation in Wien bewiesen.

Welche persönlichen Erfahrungen machen Sie in Ihrer Mediationsarbeit?

Konfliktparteien warten immer noch zu lange, bis sie eine Mediation ins Auge fassen. Je früher die Mediation beginnt, desto weniger verhärtet sind die Fronten. Andererseits werden Mediationsklauseln in bilateralen Verträgen immer üblicher. Und in vielen großen Firmen ist die innerbetriebliche Mediation inzwischen fest verankert. Ich arbeite sowohl im Profit- als auch im Nonprofit-Bereich und stelle überall ähnliche Probleme fest. Ganz oft ist das Grundproblem die verloren gegangene Wertschätzung gegenüber der anderen Streitpartei. Hier leistet die Mediation unschätzbare Dienste, weil sie nicht nur den Sachstreit löst, sondern die Parteien auch auf der Beziehungsebene wieder handlungsfähig und kooperationsbereit macht.